Ohne seine alternativen Haus- und Kulturprojekte wäre Berlin lediglich die Stadt, in der mal die Mauer stand. Sie wäre sozial, politisch und kulturell um Vieles ärmer.
Tausende Menschen finden in Hausprojekten bezahlbaren Wohnraum ohne Angst vor Verdrängung haben zu müssen; Menschen, die anderswo diskriminiert werden, finden hier ein sicheres Zuhause. Die Häuser und Projekte bieten zudem eine elementar wichtige Infrastruktur für ihre Nachbarschaften. Hier finden sich Räume für Mietberatungen, politische Vernetzung, kulturelle Veranstaltungen und Orte zum Verweilen ohne Konsumzwang.
Die Geschichte der Besetzungen in Berlin ist eine Erfolgsgeschichte. Ab Ende der 1970er Jahre verhinderten zahlreiche Instandbesetzungen die so genannte “Kahlschlagsanierung”, also den Komplettabriss des Kreuzberger Kiezes “SO36″. 1981 waren 168 Häuser in Berlin besetzt, davon 86 in Kreuzberg. In den folgenden Jahren konnten durch die Besetzungswelle und die enormen Mobilisierungen die bestehende Bausubstanz und die kleinteilige Kiezkultur Kreuzbergs bewahrt werden. Berlinweit wurden bis zu 100 der besetzten Häuser „legalisert“, viele von ihnen erhielten für ihre Sanierung Gelder aus dem Senatsprogramm „Bauliche Selbsthilfe“. Auch heute noch sind Genossenschaften und Selbstverwaltung, wie sie bspw. das Mietshäusersyndikat fördert, der sicherste Schutz vor Mieterhöhungen und Verdrängung.
Eine nächste Besetzungswelle belebte ab 1990 unzählige leerstehende und verfallene Häuser in Ost-Berlin. Nach einer Verhandlungsoffensive standen Verträge für etwa 100 Häuser in Prenzlauer Berg, Mitte und Friedrichshain. Die alternativen Projekte prägten und prägen bis heute den Charakter ihrer umliegenden Viertel.
Stadtmarketing, Ferienwohnungsplattformen und Immobilienkonzerne bedienen sich der Berliner Subkultur des widerständigen und alternativen Lebens für den Verkauf eines rebellischen Images. Dem widersprechen wir entschieden: Wir sind nicht die Fassade eures Verwertungsmarktes. Wir sind der lebendige Beweis dafür, dass sich selbstbestimmtes Leben und soziale Räume nicht mit, sondern nur gegen Profitinteressen durchsetzen lassen. Wir sind die Vorboten einer besseren Zukunft als solidarische Stadt. Dass nun immer mehr Projekte auf die Straße gesetzt werden sollen, werden wir nicht akzeptieren.
Wir sagen: Jetzt ist Schluss! Kein Projekt, kein Haus weniger!
Während Berlin sich als queere Hauptstadt inszeniert, wird ein queerfeministisches Hausprojekt rausgeschmissen. Schluss damit!
Liebig34 bleibt!
Während Berlin dringenden Bedarf an Angeboten für Jugendliche und Sozialeinrichtungen hat, sieht man zu, wie die zwei ältesten selbstverwalteten Jugend- und Sozialzentren verdrängt werden. Schluss damit!
Potse bleibt! Gebt dem Drugstore seine Räume zurück!
Während bezahlbarer Wohn- und Gewerberaum immer knapper wird, stehen mit der Lause und der Køpi wichtige alternative Wohn- und Projektorte unmittelbar vor einem erneuten Verkauf und damit einer ungewissen Zukunft.
Køpi bleibt! Lause bleibt!
Viele unserer eigenen Geschichten zeigen, dass aus Besetzungen u.a. Projekte solidarischen Zusammenlebens, Netzwerke für soziales Engagement in den Nachbarschaften und unkommerzielle Räume für Initiativen und Vereine entstehen. Dennoch wird die Aneignung und Nutzung von Leerstand zwanghaft binnen 24 Stunden mit Polizeigewalt geräumt. In Städten wie Zürich müssen Eigentümer*innen von Leerstand nachweisen, dass sie aktuell konkrete Vorhaben mit den Gebäuden umsetzen, andernfalls müssen sie Besetzungen dulden.
Gebt der G17a ihre Wohnung zurück! Alle von Rausschmiss bedrohten Hausgemeinschaften bleiben!
Wenn neue gastronomische Einrichtungen öffnen, ist das Angebot oft touristisch ausgelegt und für viele Berliner*innen schlicht längst nicht mehr erschwinglich. Langjährige Kneipen, die häufig kollektiv betrieben werden und vom Ausschank abgesehen oft auch Raum für nachbarschaftliche Vernetzung, Sozialberatung und politische Veranstaltungen bieten, werden hingegen rausgeschmissen. Schluss damit!
Syndikat und Meuterei bleiben! Gebt der Friedel54 ihren Laden zurück! Sicherheit fürs K-Fetisch!
Während alternative Lebensweisen mit Wagenplätzen selbstbestimmte Orte zum Wohnen und Arbeiten finden, sind diese immer stärker von Verdrängung bedroht. Schluss damit!
SabotGarden und alle Wagenplätze bleiben! Ein Areal für die DieselA!
Alternative Projekte sind ein zentraler Bestandteil für eine vielfältige und lebendige Stadt. Wir waren schon hier als die Kieze und Stadtteile noch nicht aufgehübscht und vermarktet wurden. Wir waren vielerorts da, wo die Benachteiligten und Unterprivilegierten ihrem Schicksal überlassen wurden. Und wir werden jetzt nicht weichen, wo die Profitinteressen von Konzernen uns zu verdrängen versuchen.
Wer in Zeiten grassierender Mieten und niedriger Löhne untätig bleibt oder glaubt, sich angesichts eines zeitlich befristeten Mietendeckels nun zurücklehnen zu können, wenn soziale Institutionen oder Einzelpersonen ihr Zuhause verlieren, macht sich mitschuldig!
Deshalb:
- Bestandsschutz für alle sozialen und kulturellen Projekte sowie wirksamer Schutz vor Verdrängung für Kleingewerbe
- Sofortige Aussetzung aller Zwangsräumungen
- Weg mit der „Berliner Linie“
- Straffreiheit für alle Besetzer*innen
Wir kämpfen gemeinsam! Wir bleiben alle!
Unterzeichner*innen unter https://keinhausweniger.info/