Gefahrengebiete? – Oder ortsbezogene Kriminalisierung?

Derzeit gibt es in Berlin offiziell 7 Gefahrengebiete, nachdem es zu Zeiten als diese noch geheim waren mehr als 20 waren. In diesen Zonen nimmt sich die Polizei mehr Rechte raus und sie werden deutlich intensiver von der Polizei bestreift als der Rest der Stadt. Doch passiert das tatsächlich um den dort drohenden „Gefahren“ entgegenzutreten? Und von wem gehen diese Gefahren aus? Für wen? Und was bedeutet ein solches Gebiet für seine Bewohner*Innen?

Ein Streifzug durch die Stadt.

Los gehts am Alexanderplatz. DER zentrale Platz Ost Berlins, ein Ort zum rumhängen, einkaufen und unter Leute kommen. Aber nur für die dies „anständig“ machen“. Als Einkaufszone und Ort der distanzierten touristischen Bewunderung der Ostblock Architektur, aus der sicheren Distanz des Hotelzimmers. Viele marginalisierte Menschen haben hier einen Weg gefunden mit Shows, Musik oder betteln Geld zu machen. Für sie ist der Alex zu Hause, der Ort an dem sie essen, schlafen, sich treffen und Beziehungen aufbauen. Neben ihnen kommen hier auch viele Jugendlcihe zusammen, weit weg von den Blicken ihrer Eltern und des Staats. Rassistische Angriffe verschiedener Gruppen auf Obdachlose sind am Alex häufig, dazu kommt die rassistische Polizei. Da diese soziale Gruppe auch wenig profitabel ist und öffentlichen Raum statt privaten Raum sucht sind auch sie im Fokus der Cops. Unterschiedliche soziale Gruppen, eine staatliche Strategie, wer nützlich oder notwenig für die Kapitalinteressen ist kann bleiben, der Rest wird kontrolliert, verdrängt, unterdrückt.
Das Hauptziel? Ein sauberes perfektes Bild einer beliebten Touristenattraktion abgeben. Dazu wurde sogar eine Polizeistation mitten auf em Platz gebaut, Symbol der Gewalt und Stärke des Staats. Werauchimmer zum sightseeing oder einkaufen zum Alex kommt ist mehr als willkommen, alle anderen erleben und erleiden bestenfalls die ein oder andre Form von Repression oder polizeilicher Belästigung im schlimmsten Fall werden sie Festgenommen.

Zwei Kilometer im Osten. Hier in der Rigaerstrasse hatte auch die sogenannte Brennpunkteinheit ihren einzigen nennenswerten Auftritt. Die Übereinstimmung dieser Truppe aus freiwilligen Schlägern nur für die Gefahrengebiete und den regelmäßigen Naziskandälchen in Whatsapp-Gruppen dürfte recht hoch sein. Wenig überraschend ist doch dieses Gefahrengebiet eines an dem die Cops ein intrinsisches Interesse haben. Denn hier sind manchmal Sie es die zu gejagten werden. Gefahr bedeutet hier Gefahr für skrupellose Immobilien-Investor*Innen und Ihre Kettenhunde. Aber ihre Anwesenheit bedeutet auch Gefahr für selbstbestimmtes Leben und Wohnen.

Nochmal 600m weiter. Das nächste Gefahrengebiet, Warschauer Brücke und RAW-Gelände. Ähnliche Thematiken, ähnliche Ursachen. Die Geschichte dieser Orte ist untrennbar mit der Entwicklung des Tourismus verbunden. Wurde in den 00er Jahren noch am Weinbergspark in Mitte gedealt, so zogen die Verkäufer*Innen mit den Tourist*Innen um nach Kreuzberg und Friedrichshain. Mensch könnte auch sagen, die Zahl der Gefahrengebiete ist Proportional zur Zahl der Partytourist*innen. Der Görli steht sogar in dutzenden Reiseführern. Doch während Clubs weggentrifiziert werden, gibt das Stadtmarketing weiter Vollgas und kreirt mit Hilfe der Werbeyuppies „Jung von Matt“ neue Slogans um die Stadt als Marke gut zu positionieren. Das eine Stadt in erster Linie ein Lebensmittelpunkt und kein Produkt ist, geschenkt. Was nicht passt wird von den Bullen schon passend gemacht.

500m weiter im Görlitzer Park. Hier machen die Bullen ihre Gegner*Innen vor allem in schwarzen Menschen aus. Wer so aussieht hat was mit Drogen zu tun, so die einfache wie bestechende Logik. Wer häufiger im Park abhängt kennt es, Cops in Uniform oder Zivil stürmen heran, Leute rennen durch die Gegend. Für manchen ended die Jagd in Handschellen und Abschiebeflieger. Da auch dieser Park ohne Kooperation mit den Bullen errichtet wurde, er sich aber leicht umbauen lässt, wird er dann von den Stadtplaner*Innen in Uniform regelmäßig umgestaltet. Büsche weg, kleinere Ausgänge zu und Lampen hin.
Um Anwohner*Innen vor dem verlockenden Duft des Marijuanas zu beschützen? Oder doch eher um die Gentrifizierung Kreuzbergs zu vollenden, dem hinzuziehenden Klientel mit teurer Eigentumswohnung ein entsprechendes Wohnumfeld zu bieten?
Anstelle die menschenfeindlichen Asylgesetze abzuschaffen und Drogen zu legalisieren. Parkumbau und Knüppel raus.

Am Kottbusser Tor ist planerisch vieles noch aus einer Zeit in der Kriminalprävention durch Stadtplanung und Architektur noch kein fester Begriff war. Unübersichtlich, schlecht einsehbar und verwinkelt. Polizei fast immer da, mal Leute verhaften, mal Taschen durchsuchen. In der Regel trifft dies Leute mit Suchtproblemen bzw. solche die die Bullen dafür halten. Doch wer soll geschützt werden? Die Süchtigen vor Ihrer Sucht? Vor sich selbst? Ein gesundheitliches Problem soll mittels Autorität, und letztenendes Gewalt, unterdrückt werden. Bum, Knüppel drauf und die Probleme sind aus den Augen und aus dem Sinn.

500m südlich , noch ein sogenanntes Gefahrengebiet, der Hermanplatz. Hier gibts die Geschichte vom Brennpunkt der Berliner Clans. In den 8 Uhr Nachrichten der verschiedensten Fernsehersender wird Neukölln beschrieben als Gebiet voller Kriminalität, in den Händen kriminieller Organisationen, deren Mitglieder natürlich immer Araber, Kurden und Türken sind. Als eines der am schnellsten gentrifizierenden Viertel Berlins war der Hermanplatz Treffpunkt der an den Rand der Gesellschaft gedrängten. Jetzt ist er angesagt bei reichen Zugezogenen und drastische Maßnahmen gegen die bisherigen Bewohner mussten her. Die Lösung war ein täglicher Markt der die Aktivitäten und Treffen die es zuvor dort gab verdrängt und natürlich verstärkte staatliche Kontrolle.

Warum wird Migration immer mit „Illegalität“, Polizeigewalt und Razzien verbunden? Was kostet die „Sicherheit“ einer Gegend und wie versucht sie der Staat herzustellen? Mit racial-profiling, Belästigung und Brutalität. „Sicherheit“ und Gentrifizierung kommen immer in einem Gesamtpaket. Kotti und Hermanplatz sind zur Touristenattraktion geworden, das echte Leben und die Kämpfe in der Nachbarschaft werden als „multi-kulti“ verpackt und vom Staat verwaltet als exotische Hauptstadterfahrung für erlesenes Klientel. Alle unpassenden Menschen und Aktivitäten werden unterdrückt.

7 unterschiedliche Orte eine politische Strategie. Rassismus, Gentrifizierung, das „Law and Order“-Dogma, Polizeigewalt und Omnipräsenz. Das sind einige Teile des Narrativs der Gefahrengebiete. Aber für wen ists gefährlich? Die Antwort scheint das Kapital zu sein, da diejenigen die in den Lücken und Grenzen der bürgerlichen Gesellschaft leben weder produktiv sind noch fähig oder willens zu konsumieren. Für den Staat sind sie potentielle Unruhestifter und zeigen allzudeutlich die Ungleichheit auf der das System aufbaut.

Der Narativ der Gefahrengebite folgt der Linie der „unproduktiven“ Sektoren der Gesellschaft -überschüssige Bevölkerung- wie sie seit den Anfängen des Kapitalismus behandelt wurden. Mehr und mehr Raum in der Stadt wird eingehegt, eingeschlossen, umzäunt, der allgemeinen Öffentlichkeit unzugänglich gemacht, wer nicht konsumieren oder produzieren kann oder will wird ausgeschlossen. Die letzten Gemeingüter oder Allmenden der Stadt sind bedroht, die öffentlichen Räume, Parks, Plätze, Squats und soziale Zentren in denen Menschen zusammenkommen können. Das führt zur Kriminalisierung der Menschen die diese Orte nutzen und oft der Orte selbst. Menschen ohne festes zu Hause, junge Menschen, Migrant*innen und Menschen die in Schattenwirtschaften agieren da sie keine Papiere oder viel Wahl zum Überleben haben, werden mit Hilfe der Medien problematisiert damit der Staat ihre Entfernung und Kontrolle rechtfertigen kann. Um für die Kapitalerschliessung interessant Gebiete von Hindernissen zu befreien, ohne das Bild einer gesunden Sozialdemokratie zu gefähren.
Die Menschen die dem Staat, ausser in ihrer Funktion als schwarzes Schaf nichts nutzen, werden von ihm marginalisiert, also diejenigen die laut dem staatlichen Narativ nicht zum Produktiven Teil der Bevölkerung gehören. Eingewanderte, Obdachlose, Sexarbeitende usw werden zusammengeführt und kreieren so diese Zonen die der Staat dann „Gefahrengebiete“ nennt. Menschen die nicht ins gewollte Bild passen, finden einander also will die Polizei sie unter Kontrolle bringen. Sie fürchten sich davor was diese Menschen gemeinsam schaffen können, das macht die unsichtbare Angst.

Einige von uns gehören zu diesen sozialen Gruppen, andre stehen in Solidarität mit ihnen. Alle sind wir gegen ein System das Entscheidet wer notwendig ist und wer nicht, das diskriminiert und räumt, gewalttätig und vereinzelnd ist. Heute ist es Andreas Geisel der dieses Programm durchsetzten lässt, morgen irgendein anderer Politiker. Wir werden uns täglich in einem Kampf dagegen wiederfinden, bis wir eine Gesellschaft auf solidarischer , selbstbestimmter und selbstorganisierter Basis schaffen, von unten, von uns.

Also um welche Gefahr geht? Für wen ?
Die offensichtliche Doppelmoral in der Umetzung der Gesetze des Staates zeigt klar das sie nur ein weiters Werkzeug der Unterdrückung sind. Drogenverkauf und Konsum in teuren Clubs ist Normalität und toleriert er darf bloß nicht zum Lebensunterhalt unerwünschter Migrant*innen oder der Armen herhalten, das würde Autonomie vom Staat und Selbstbestimmung und Organisierung ermutigen. Ausserdem kreieren die Razzien in den Parks die idealen Bilder um die starke Hand des Staates zu zeigen. Ein Haus mit Gewalt verteidigen und Menschen angreifen ist kein Problem wenns von den Handlangern eines Padovicz, Blacszko oä. passiert und um die Menschen die jahrelang vor Ort gewohnt haben und von ihm auf die Strasse gesetzt wurden drausssen zu halten. Wenn sich aber um die Ecke Bewohner*innen gegen dubiose Eigentumsbehauptungen und Polizeiangriffe zur wehr setzen ist definitiv Schluss.
Wer sind also die „Kriminiellen“ ?
Natürlich diejenigen welche die bestehenden Machtsturkturen von Staat und den Reichen unterlaufen, nicht die Wirtschaftshengste die Löhne stehlen, Arbeiter*innen ausbeuten, unterdurchschnittliche Maskn kaufen um sie an Obdachlose und „Behinderte“ zu verteilen.
Nicht vergessen, ihr „Kriminelle“ ist kein moralisches Label sondern ein legales, sonst könnte es mit stolz getragen werden.